Das Größte, was Nissan unter dem Label “SUV” anbietet, ist auf Deutschlands Straßen ein seltener Anblick. Und das obwohl er seit 2008 so gebaut wird (mit einer MoPf 2010). Von Außen dürfte der eine oder andere ihn mit dem Qashqai, dem kleineren Bruder verwechseln – besonders aufgrund des hinteren Drittels der Karosserie. Von vorne jedoch hat er von mir den Kosenamen “Nasenbär” erhalten: Denn seine Schnauze ist sowohl Konzernintern als auch -extern unverwechselbar.
Design
Das Designmerkmal schlechthin ist somit auch der verchromte Kühlergrill mit den Querstreben und die Xenon-Scheinwerfer, die gemeinsam mit dem Kühlergrill eine leuchtende Armada von fließenden Formen bilden. Wie die Stabaugen eines Chamäleons strecken sich unter der Klarglasabdeckung die Scheinwerfer nach vorne und geben dem Murano etwas Insektenhaftes. Mimikry sozusagen. Der Murano tarnt sich und mit der Seitenansicht und dem Heck gelingt ihm auch eben das: In der Masse fällt er kaum auf.
Nach dem Einsteigen werden einem die wahren Abmessungen des riesigen SUV bewusst. Die Sitze sind weit auseinander und schön breit, die Mittelkonsole ebenfalls breit, wie auch alles andere breit ist. Breit dominiert den Innenraum. Der Eindruck eines riesigen Innenraums wird ganz besonders durch den Einsatz gerader Linien erreicht. So reckt sich das Armaturenbrett senkrecht in die Höhe, die Armstütze ist massiv wie ein Holzscheit und wenn man hinten sitzt blickt man auf eine Mittelkonsole, die zwischen den Vordersitzen senkrecht endet und im Fussboden verschwindet. Fast schon ein Hocker für eine zusätzliche Person. Die Designer haben sich scheinbar bewusst für den Verzicht auf diagonale Linien entschieden.
Ausstattung
Abschließend zum Thema Dimensionierung Innenraum: Hätte ich plötzlich keine Wohnung mehr, könnte ich durchaus in den Murano einziehen und mir drei Zimmer einrichten. Platz für eine Lebensgefährtin ist auch noch reichlich vorhanden. Das Bett (die Ladefläche mit umgelegten Rücksitzen) verschwindet auf Knopfdruck vollelektronisch. Sprich: Die Rücksitze lassen sich ohne manuelles Zutun wieder aufrichten. Die Freundin wird begeistert sein.
Genauso auch von der nächtlichen Sternenschau durch das riesige Panorama-Glasdach. Dass man die Sternenbilder auch erkennen und benennen kann, ist natürlich Grundvoraussetzung.
Das Highlight schlechthin im Murano ist die BOSE-Soundanlage mit 11 Lautsprechern (exklusiv in der Exklusive-Ausstattungslinie). Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich eine BOSE-Anlage jemals für gut befinde, aber nun ist es geschehen. Danke Nissan. Man lernt ja nie aus und soll auch nie nie sagen. Was da audiotechnisch an die Gehörgänge klopft, ist höllisch kraftvoll. Der Subwoofer auf dem Armaturenbrett hat ein tolles Ansprechverhalten mit ordentlich Kick. Gerade Metal auf hoher Lautstärke kommt hier richtig gut zur Geltung. Dabei werden nichtmal die feinen Details (komplett) verschluckt. Mit dem Rockschuppen um die Ecke kann der Murano locker mithalten und sogar übertrumpfen. Die Freunde rotziger oder rockiger Genres wird es freuen. Und die Mehrkosten für die Executive-Variante lohnen sich allein schon wegen diesem Posten.
Ansonsten wundert es nämlich, was dem Murano (dafür, dass er als Premium-SUV gilt) so alles fehlt. Klar, er ist inzwischen seit 5 Jahren auf dem Markt. Doch Fensterheber für Beifahrer und Fond ohne Automatik? Rückfahrkamera und Kamera vorne rechts mit Blick auf den Kotflügel aber keine PDC vorne oder hinten? Plastikkippschalter aus dem Standardteile-Regal für die Sitzheizung und den Allradantrieb? Materialien mit eher durchschnittlicher Haptik? Vielleicht gilt hier der alte Satz: Robust ist für’s Gelände besser. Als Premium würde ich es nicht bezeichnen. Was mich auch irritiert hat: Während die Schalter für die Sitzheizung eine Leuchtdiode für den Aktiv-Zustand eingebaut haben, fehlt dem 4WD Lock-Schalter (direkt neben Sitzheizung) eben diese Diode. Ob 4WD an oder aus ist, wird stattdessen auf der Armaturentafel beim Drehzahlmesser mit einem Icon dargestellt. Dieses Icon ist aber ausgerechnet bei Leerlaufdrehzahl fast gar nicht zu sehen.
Dafür fühlen sich die Schalter am Multifunktionslenkrad umso besser an und erlauben in Verbindung mit dem Touchscreen eine sehr ablenkungsfreie Bedienung des Entertainment- und Navisystems. Natürlich muss man es dafür mit dem Finger erstmal bis an den Touchscreen schaffen. Mein Arm ist fast zu kurz :)
Antrieb & Fahrwerk
Der 2,5 liter dCi Dieselmotor nagelt so sehr, dass man froh ist eine potente Musikanlage an Bord zu haben. Was die Akustikuntermalung angeht könnte man sich wirklich in einem Transporter wähnen. Dank guter Isolierung des Innenraums bekommt man bei schneller Fahrt aber auch ohne angeschaltete Musik nicht so viel vom Selbstzündergetöne mit. Der Durchzug des Motors aber stimmt (wenn man die 2,5t zul. Gesamtgewicht und das Schrankwand-Format berücksichtigt) und mein Durschnittsverbrauch von knapp 9 Litern eigentlich auch. Positiv überrascht hat mich, wie gut sich der Murano bei höheren Geschwindigkeiten fahren lässt. Nicht nur erreicht man 190km/h schneller als gedacht, nein man sitzt auch bei diesem hohen Tempo souverän am Steuer. Der Murano bleibt fest in seiner Spur und zeigt keine unangenehmen Reaktionen auf Lastwechsel bei Kurvenfahrten oder Bremsmanövern. Ich habe fast das Gefühl, der Murano ist am ehesten für die Autobahn gemacht. Die Landstraße ist zu kurvig und die Stadt ist zu klein. Ich habe ein paarmal in kleinen Parkhäusern in Köln geparkt und immer wieder habe ich nach oben durch das Panoramaglasdach gesehen. Dort bewegten sich Rohre und Notausgangschilder an den Decken der Parkhäuser mit geschätzten 2cm Abstand hinter dem Glas vorbei. Das kann – muss nicht, aber kann – manchmal beunruhigend wirken.
Ich bin froh, dass der 2,5 dCi eine konventionelle Automatik hat und nicht das im größeren Benzin-Bruder mit 3,5 Litern Hubraum verbaute CVT. Welchen der beiden Automaten man will kann man nämlich nicht auswählen. Bei einem CVT fehlt mir immer ein wenig das Feedback beim Beschleunigen, da hier eine (meist hohe) Drehzahl gehalten wird, bis die gewünschte Geschwindigkeit erreicht ist. Die Automatik im 2,5 dCi hingegen hat 6 Gänge, so wie man es kennt, die man bei Bedarf auch manuell schalten kann. Allerdings bin ich in keine Situation gekommen, in der das nötig gewesen wäre.
Fahrzeug | Nissan Murano 2.5dCi Executive |
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Motor | 2.488cm³ 4-Zylinder Dieselmotor |
Antrieb | Allradantrieb |
Leistung/Drehmoment | 190PS (140kW) / 450Nm |
Beschleunigung 0-100 km/h | 10,5s |
Höchstgeschwindigkeit Vmax | 196 km/h |
Getriebe | 6-Gang Automatik |
Türen/Sitze | 5/5 |
Verbrauch kombiniert | 8,0l/100km |
Preis Testfahrzeug | 50.900 € |
Sonderausstattungen (Auszug) | BOSE Soundanlage mit 11 Lautsprechern, Bluetooth, Tempomat, Intelligent Key-System, Seitenkamera in Außenspiegel Beifahrerseite, Zweiteiliges Glas-Hub-Schiebedach, elektrisch umklappbare Rücksitze, Bi-Xenon Scheinwerfer… |
Fazit
Der Murano ist mit knapp 50.000 Euro nicht wirklich ein Schnäppchen. Dafür bekommt man ein Auto, mit dem man den nächsten Umzug planen kann und mit dem einen kein Hindernis so schnell aufhalten kann. In dem man nochmal eine Ecke höher sitzt als alle anderen in ihren “Standard” SUVs.
Und wer den Murano in einer noch selteneren Variante haben möchte, dem sei es nahegelegt, sich mal die Cabrioversion (!!!!!!) anzusehen, die auf dem US-Markt angeboten wird. Genannt Murano Crosscabriolet. Ich war und bin beeindruckt, wie schnell bei Nissan aus einer Konzeptstudie ein echtes Auto werden kann.
Außer mir hat sich noch Sebastian bei passion-driving den Murano genauer angesehen.